202108.30
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Nutzungsausfall beim Verkehrsunfall

Definition: Nutzungsausfall
Nutzungsausfall bedeutet nichts anderes, als dass der Geschädigte für die entfallene Nutzungsmöglichkeit seines Fahrzeugs eine Entschädigung verlangen kann. Nach der herrschenden Rechtsprechung stellt die Nutzungsmöglichkeit einen geldwerten Vorteil dar. Fällt sie weg, entsteht ein Schaden, der ersetzt verlangt werden kann. Also ein Nutzungsausfallschaden.

Grundsätzliches zur Erstattung von Nutzungsausfall

Jeder Geschädigte hat das Recht so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht stattgefunden hätte. Dazu gehört auch die Erstattung von Nutzungsausfall. Die Rechtsprechung dazu ist vielfältig. Aber hinter all den Entscheidungen steckt die Frage, welcher Nutzungsausfallschaden im Einzelfall erstattungsfähig ist. Das Gesetz ist eindeutig: Erstattungsfähig ist das, was zur Beseitigung des Schadens erforderlich ist. Das regelt § 249 Abs. I des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Absatz II Satz 2 bestimmt, dass Umsatzsteuer nur dann eingeschlossen ist, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Das ist für die fiktive Abrechnung von Nutzungsausfall relevant.

So berechnen Sie den Nutzungsausfall

Eigentlich ganz einfach: Die Zeit, in welcher das Fahrzeug nicht benutzt werden kann multipliziert mit dem geldwerten Vorteil in dieser Zeit. Beides ergibt sich aus verschiedenen Tabellen. Welche einschlägig ist, hängt davon ab, wie der Nutzungsausfallschaden geltend gemacht wird. Hier gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten:

Konkrete Abrechnung:

Der Geschädigte beschafft sich konkreten Ersatz; Also in der Regel einen Mietwagen. Was so ein Mietwagen kosten darf, ist hoch streitig. Zwei Tabellenwerke stehen sich hier gegenüber: Die Schwacke-Liste einerseits und die Fraunhofer-Liste andererseits. Das für uns zuständige Landgericht Saarbrücken favorisiert die Fraunhofer-Liste als geeignete Schätzgrundlage.

Aber Achtung! Der Geschädigte muss sich in diesem Fall seine ersparten Aufwendungen für das eigene Auto anrechnen lassen. Es ist empfehlenswert, hier immer eine Mietwagenklasse niedriger zu nehmen. Ansonsten kann der Schädiger, das heißt dessen Haftpflichtversicherung einen pauschalen Betrag von zumindest 10% für die ersparten Aufwendungen vom Nutzungsausfallschaden abziehen.

Fiktive Abrechnung:

Der Geschädigte verlangt für den Zeitraum der entfallenen Nutzungsmöglichkeit einen pauschalen Ersatz. Er mietet also keinen Mietwagen an, sondern begehrt einen Geldbetrag für die Dauer des Nutzungsausfalls. Das Standardwerk für die Bestimmung des Tagessatzes sind die Tabellenwerke von Sanden.Danner.Küppersbusch. Die Tabellen enthalten für fast jedes erdenkliche Serienfahrzeug einen bestimmten Wert.

Aber Achtung! Fahrzeuge, die älter als 5 Jahre sind, werden eine Klasse, Fahrzeuge, die älter als 10 Jahre sind werden 2 Klassen tiefer eingestuft.

Wie lange kann Nutzungsausfall verlangt werden?

Eigentlich ganz einfach: Der Sachverständige, welcher den Schaden bewertet macht auch Angaben zur Nutzungsausfalldauer. Auch das ist ein Grund, warum jeder Geschädigte sein Recht auf einen eigenen Sachverständigen durchsetzen sollte. Kleine Anmerkung am Rande: Selbst wenn die Versicherung schon einen Gutachter beauftragt hat, darf der Geschädigte sich einen eigenen Sachverständigen zur Seite nehmen. Dieser ermittelt nämlich nicht nur den Schaden, sondern auch eine eventuelle Wertminderung und Dauer und Höhe von Nutzungsausfall. Auch hier müssen wieder zwei Fälle unterschieden werden:

Bei einem Totalschaden

Bei einem Totalschaden ist die so genannten Wiederbeschaffungsdauer maßgeblich. Das ist der theoretische Zeitraum, in dem ein vergleichbares Fahrzeug beschafft werden kann. Meistens sind dies 10-14 Tage. Hier gilt es aufzupassen. Die Wiederbeschaffungsdauer beginnt natürlich erst dann, wenn der Geschädigte das Gutachten in der Hand hält. Eine Verzögerung, die der Gutachter zu vertreten hat, fällt ihm nicht zur Last.

Bei einem Reparaturschaden

Bei einem Reparaturschaden ist die so genannte Reparaturdauer maßgeblich. Das ist der theoretische Zeitraum, in dem das Fahrzeug sach- und fachgerecht repariert werden kann. Das hängt vom Umfang des Schadens ab. Der Geschädigte ist verpflichtet, die Reparatur schnellstmöglich durchführen zu lassen. Verzögerungen, die das Autohaus verursacht, gehen nicht zu seinen Lasten. Ein Reparaturablaufplan der Werkstatt schafft hier Klarheit.

Tip1: Sonntage, lange Wochenenden (Weihnachten oder Ostern), gegebenenfalls Ferien, etc. können die Nutzungsausfalldauer verlängern.

Tip2: Wer sich eine Ersatzbeschaffung oder Reparatur nicht leisten kann, muss das der Versicherung nachweisen. Hier besteht die Möglichkeit für sehr lange Zeiten Nutzungsausfall geltend zu machen.

Wann entsteht der Nutzungsausfallschaden?

Es gibt Voraussetzungen

Der Geschädigte muss, um Nutzungsausfall erstattet zu bekommen, folgende Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere muss er nachweisen, dass er tatsächlich einen Ausfall hatte. Dies geschieht beim Totalschaden durch die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Bei einem Reparaturschaden durch die Durchführung der Reparatur. Es gibt im Internet falsche Hinweis auf „fiktiven Nutzungsausfall“, also ohne Reparatur oder Ersatzbeschaffung. Das ist falsch. Die Rechtsprechung ist da kompromisslos! Erst wenn ein Reparaturnachweis durch eine Rechnung oder eine Reparaturbescheinigung des Sachverständigen einerseits oder ein Nachweis der Zulassung des Ersatzfahrzeugs andererseits vorliegt, wird die Haftpflichtversicherung den Nutzungsausfallschaden bezahlen.

Dabei gibt es aber auch Ausnahmen

Nur wenn der Geschädigte auch eine tatsächliche Nutzungsmöglichkeit hatte, hat er einen Ausfall. Wer also im Krankenhaus liegt, hat keinen Nutzungsausfall. Er könnte ja ohnehin nicht Auto fahren. Auch kann der „Wenigfahrer“ nicht bedingungslos auf einen Mietwagen zurück greifen. Denn jeder Geschädigte hat auch eine Schadenminderungspflicht. Wer 14 Tage einen Mietwagen bucht und insgesamt nur 50km fährt, wäre billiger mit dem Taxi unterwegs gewesen.

Genauso kann derjenige, der noch einen Zweit- oder Drittwagen hat, nicht behaupten, ihm sei die Nutzungsmöglichkeit entfallen. Bei diesem Thema gilt: Auch Luxusautos, Wohnwagen und Wohnmobile, Motorräder, E-Bikes und E-Scooter sind grundsätzlich nicht geeignet, Nutzungsersatzansprüche geltend zu machen.

Wer ein gewerblich genutztes Auto hat, der kann bei fiktiver Abrechnung nur die so genannten Vorhaltekosten geltend machen. Umgekehrt können die Mietwagenkosten für Sonderfahrzeuge wie Taxen, Fahrschulautos, Kranken- und Werkstattwagen schnell in die Tausende gehen.