202211.02
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Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall

In der täglichen Praxis kommt es regelmäßig vor, dass Haftpflichtversicherungen Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall vornehmen. Der Geschädigte ist dann oft vor den Kopf gestoßen. Er hat doch eine Fachwerkstatt beauftragt, den Schaden zu beseitigen. Diese soll jetzt falsch oder zu viel Repariert haben? Oft geht es nur um einzelne, kleinere Beträge, die in der Summe aber schnell ein paar hundert Euro aus machen können. Die Folgen erklären wir Ihnen im folgenden Artikel.

Inhalt:



Muss ich die Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall selbst zahlen?

Diese Frage kommt bei Abzügen von der Reparaturrechnung beim Unfall ganz schnell auf. Muss ich die Abzüge etwa selbst zahlen? Wenn Sie als Geschädigter von uns als Anwalt vertreten werden, können wir Ihnen schnell die Angst nehmen. Wir prüfen in Zusammenarbeit mit Ihrem Autohaus und Ihrem Sachverständigen, ob die Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall berechtigt sind oder nicht. In unserer Praxis setzen wir fast 100% der Abzüge für Sie durch, welche bei markengebundenen Fachwerkstätten vorgenommen werden, mit denen wir oft zusammenarbeiten. Zumindest dann, wenn Sie direkt nach dem Unfall zu uns gekommen sind.

Achtung:

Natürlich müssen Sie als Auftraggeber der Werkstatt die Rechnung grundsätzlich bezahlen. Wenn wir als Anwalt von Anfang an involviert sind, stehen wir aber in engem Kontakt mit dem Autohaus und informieren dies über den Regulierungsstand. In diesen Fällen stellen die Werkstätten die Rechnung regelmäßig zurück, bis die Sache geklärt ist.


Was ist ein Prüfbericht?

Die Haftpflichtversicherung des Schädigers begründet ihre Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall mit einem so genannten Prüfbericht. Dieser sieht sehr professionell aus. Er stellt die Reparaturkosten laut Rechnung mit einer Gegenkalkulation gegenüber und erklärt die einzelnen Abzüge offenbar sehr detailliert und fundiert. Oftmals macht er den Anschein eines „Gegengutachtens“.

Dabei ist sich die Rechtsprechung einig: Ein Prüfbericht ist lediglich Sachvortrag des Schädigers und nicht etwa eine sachverständige Stellungnahme. Dazu hatten wir Sie schon in unserem Artikel „Prüfberichte von Versicherungen“ informiert.

Wenn Sie den Prüfbericht genau lesen fällt Ihnen folgendes auf:

  • Der Prüfbericht enthält nicht einmal den Namen eines Verfassers, geschweige denn eines Sachverständigen oder eines Gutachters
  • Die Abzüge werden unter anderem damit begründet, dass einzelne Positionen „nach Vorgaben der Versicherung“ nicht erstattungsfähig seien
  • Oft findet sich auch der Hinweis, dass eine Reparaturposition nicht durch den Hersteller des Fahrzeugs vorgegeben sei
  • Begründet werden Abzüge auch damit, dass ein „Durchschnittlicher Verrechnungssatz“ zugrunde gelegt wird und nicht derjenige der markengebundenen Fachwerkstatt, in der repariert wurde

Das hat zur Folge, dass Sie sich als Geschädigter zusammen mit Ihrem Rechtsanwalt und Autohaus Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall sehr erfolgreich abwehren können. Zumindest so lange, wie die Versicherung sich nur auf den Prüfbericht beruft.


Die so genannte Indizwirkung der Reparaturrechnung

Wenn Sie ihr Fahrzeug nach einem Unfall repariert haben nach Vorlage der Reparaturrechnung Abzüge durch die Haftpflichtversicherung des Schädigers vorgenommen werden, wird Ihr Rechtsanwalt der Haftpflichtversicherung etwas von der so genannten Indizwirkung der Reparaturrechnung schreiben. Zumindest dann, wenn er auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung heute arbeitet.

Was bedeutet das?

Indizwirkung der Reparaturrechnung bedeutet eigentlich nur, dass der Schädiger (genauer gesagt dessen Haftpflichtversicherung) nicht pauschal behaupten kann, die Positionen seien unnötig. Vielmehr geht die Rechtsprechung davon aus, dass die von der markengebundenen Fachwerkstatt abgerechneten Positionen im Sinne von § 249 BGB erforderlich waren, um den Schaden zu beseitigen. Die Versicherung muss also konkret darlegen und beweisen, dass dem nicht so war. Nur so kann Sie Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall erfolgreich durchsetzen. Und das ist schwierig.

Welche Kriterien muss die Reparaturrechnung erfüllen?

Dass nicht jede Rechnung eine Indizwirkung entfaltet, versteht sich von selbst. Damit das so ist,

Muss die Rechnung bezahlt sein?

Es kommt immer noch vor, dass Haftpflichtversicherungen einwenden, die Rechnung sei noch nicht bezahlt. Zumindest der Teil, der moniert wird. Dabei schicken Sie vor allem anwaltlich nicht vertretenen Geschädigten Textbausteine mit Urteilen, die tatsächlich von Indizwirkung nur dann sprechen, wenn eine Rechnung bezahlt sei.

Achtung:

Das gilt nur für Rechnungen von Sachverständigen. Bei Reparaturrechnungen kommt es nach ganz herrschender Rechtsprechung nicht darauf an, ob die Rechnung gezahlt ist oder nicht. Lassen Sie sich von so einer Nebelgranate also nicht täuschen!


Um diese Positionen gibt es regelmäßig Streit bei Abzügen von der Reparaturrechnung beim Unfall:

Verbringungskosten

Das sind diejenigen Kosten, welche entstehen, wenn die Fachwerkstatt Ihr Fahrzeug zu einem Lackierbetrieb bringt oder bringen lässt. Gerade kleinere Werkstätten verfügen selten über eine eigene Lackiererei und müssen Fremdbetriebe beauftragen. Dass der Transport ihres Fahrzeugs nicht „kostenlos“ passiert versteht sich von selbst.

In verschiedenen Prüfberichten haben wir Sätze gelesen wie: „Wir erstatten pauschal 80 EUR. Wenn höhere Kosten entstanden sind, bitten wir um einen Nachwies“. Um es ganz deutlich zu sagen: Sie als Geschädigter sind nicht verpflichtet, Fremdrechnungen über den Transport oder die Lackierung vorzulegen! Auch eine Nebelgranate der Versicherungen.

Reinigungskosten

Dass Sie als Geschädigter nach der Reparatur ein sauberes Fahrzeug zurück haben wollen, versteht sich von selbst. Manchmal kommt in dem Zusammenhang das Argument „Reinigung ist nicht vom Hersteller beim Reparaturablauf vorgesehen“. Dazu unten mehr.

Die Rechtsprechung ist eindeutig: Die Reinigung des Fahrzeugs ist erforderlicher Aufwand zur Schadenbeseitigung. Auch bei noch so sorgfältiger Reparatur lässt es sich nicht vermeiden, dass nach der Lackierung Lackstaub und –geruch im Auto verbleibt; Dass schmutzige Fingerabdrücke am Fahrzeug sind; Dass Klebespuren an ihrem Auto sind. Gerade bei einer Lackierung muss das Fahrzeug im Vorfeld gereinigt werden, um es sauber abkleben zu können.

Probefahrt

Diese sei auch vom Hersteller nicht vorgesehen; oder sie sei in den „Allgemeinkosten“ enthalten. Anders gesagt: da der Mitarbeiter sowieso gerade da ist, kann seine Arbeitszeit für eine Probefahrt nicht abgerechnet werden. Falsch! Die Rechtsprechung geht davon aus, dass eine Probefahrt erforderlich ist, um Assistenzsysteme zu prüfen, Wind- und Klappergeräusche auszuschließen und Fehlermeldungen auszuschließen, die nur im Fahrbetrieb (bei warmen Motor) auftreten.

Verweiswerkstatt

Auch zu diesem Thema haben wir schon verschiedene Artikel geschrieben. Kurz zusammengefasst: Die Versicherung darf bei „alten Autos“, dh. Solchen die älter als 3 Jahre sind auf eine günstigere Reparaturalternative verweisen. Voraussetzung ist, dass die Versicherung eine konkrete Werkstatt benennt, die billgier repariert.

  1. Ausnahme: Das Auto ist stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert worden. Das muss der Geschädigte aber nachweisen.
  2. Ausnahme: Der Verweis auf die günstigere Werkstattalternative erfolgt nach Beginn der Reparatur
  3. Ausnahme: Der Verweis ist unzumutbar. ZB weil die Werkstatt zu weit weg ist. Der Einwand gilt aber nicht, wenn die Werkstatt einen kostenlosen Hol-und Bringservice hat.

Beilackierung/Angleichslackierung

Auch hier wird oft damit argumentiert, dass die Angleichslackierung nicht vom Hersteller vorgesehen ist. Das mag richtig sein. Sie haben als Geschädigter aber einen Anspruch darauf, dass man die Reparatur nicht sieht. Da Lacke aber im Laufe der Zeit verwittern, muss der Lackierfachmann bei der Lackierung entscheiden, ob ein Farbunterschied verbleibt oder nicht. Denn der genaue „verwitterte“ Lackton kann trotz Herstellung von Lackmusterblechen und elektronischen Geräten zur Lacktonerfassung fast nie genau getroffen werden.

Nicht vom Hersteller vorgesehen

Auf diesen Einwand möchten wir nur kurz eingehen. Was ist vom Hersteller überhaupt vorgesehen? Die meisten Kalkulationsprogramme für Reparaturarbeiten lehnen sich an Herstellervorgaben zur Durchführung von bestimmten Reparaturschritten an. Dass dies nie alle Arbeitsschritte, welche bei einer Reparatur notwendig sind, erfasst, versteht auch der Laie. Deswegen gilt: Jeder Schritt, der zur Schadenbeseitigung notwendig ist, ist erforderlich und damit erstattungsfähig. Egal ob der Fahrzeughersteller das bei der Reparaturkalkulation vorherberechnet hat oder nicht.

Beim Ausbau beschädigte Teile

Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall werden in Prüfberichten auch damit begründet, dass ein abgerechnetes Ersatzteil „beschädigungslos ausgebaut und wieder verwendet“ werden kann. Grundsätzlich korrekt. Deswegen dokumentieren gute Fachwerkstätten, wenn bei der Reparatur mal etwas schief geht. Die Autohäuser mit denen wir öfter zusammenarbeiten wissen dies inzwischen und senden uns bereits mit der Rechnung die entsprechenden Nachweise (Fotos) mit.

Beispiel:
Ein Fahrzeug hat vor der C-Säule eine kleine, dreieckige Scheibe. Diese kann laut Reparaturanleitung herausgeschnitten und wieder verwendet werden. Beim Ausbau bricht diese Schreibe trotz größtmöglicher Sorgfalt immer wieder. Die Kosten für das Neuteil muss der Schädiger erstatten.

Beispiel:
Ein Fahrzeug hat Heckleuchten, die mit sehr starken Clipsen gehalten werden. Diese sind in das Gehäuse der Leuchte eingegossen. Auch bei vorsichtigem Ausbau brechen diese Clipse ab, sodass die gesamte Leuchte erneuert werden muss, da ein Austausch des Clips nicht möglich ist. Die Kosten für das Neuteil muss der Schädiger erstatten.



Fazit zu Abzügen bei der Reparaturrechnung beim Unfall

Wenn die Haftpflichtversicherung Abzüge von der Reparaturrechnung beim Unfall vornimmt, müssen Sie auf einen guten Fachanwalt für Verkehrsrecht vertrauen. Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Jarno C. Kirnberger betreut mit seinem Team seit fast 20 Jahren Mandaten, die einen Verkehrsunfall hatten. Die Erfahrung zeigt, dass die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts nach dem Unfall zwingend notwendig ist. Je früher das passiert, desto besser können wir Ihre Rechte gegen den Schädiger durchsetzen und Abzügen von der Reparaturrechnung beim Verkehrsunfall entgegenwirken. Lassen Sie sich nicht durch den Sachbearbeiter der Versicherung täuschen. Der mag lieb und nett sein. Er steht aber nicht auf Ihrer Seite!

Die Versicherung will nicht möglichst viel zahlen, sondern möglichst viel sparen!


Rechtsanwalt Kirnberger Fachanwalt für Verkehrsrecht Kontakt