202305.15
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Bußgeldbescheid – Erst prüfen, dann zahlen

Bußgeldbescheide sind häufig fehlerhaft, die Chancen stehen also gut, dass ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid zum Erfolg führt. Hier erhalten Sie die wichtigsten Antworten, wenn sie einen Bußgeldbescheid bekommen haben.



Was steht überhaupt in einem Bußgeldbescheid?

Nach § 66 OWiG enthält ein Bußgeldbescheid

  • Die Angaben zur Person des Betroffenen
  • Die Bezeichnung der Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird
  • Der Ort ihrer Begehung
  • Die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit und die angewendeten Bußgeldvorschriften
  • Die Beweismittel
  • Die Geldbuße und die Nebenfolgen, zum Beispiel die Anordnung eines Fahrverbots
  • Ist ein Bußgeldbeschied ohne Foto gültig?
  • Werden Fotos nach dem Blitzen verglichen?
  • Hab ich bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung überhaupt eine Chance?
  • Was gilt bei einem Rotlichtverstoß?
  • Fahrradfahrer und Führerscheininhaber auf Probe – Aufgepasst !

Wirksamkeit und Rechtskraft

Der Bußgeldbescheid wird mit der Zustellung wirksam, rechtskräftig wird er hingegen erst, wenn innerhalb der Einspruchsfrist kein Einspruch erfolgt. Einspruch muss gemäß § 67 OWiG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde eingelegt werden.

 Bitte bewahren Sie den Umschlag auf, auf dem man das Zustelldatum erkennen kann.


Kann ein Bußgeldbescheid auch verjähren?

Ja, vielmehr kann die Ordnungswidrigkeit verjähren. Nach § 24 Abs. 1, 26 Abs. 3 StVG beträgt die Frist der Verfolgungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten drei Monate. Ist also innerhalb dieser drei Monate wegen der bußgeldbewerten Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben, ist die sogenannte Verfolgungsverjährung eingetreten.

Gerade darüber gelingt es oft, das Bußgeld abzuwehren. In vielen Fällen, in denen Fahrzeughalter und Fahrzeugführer nicht die gleiche Person sind, kann es zu solch einer Verjährungsunterbrechung kommen, wenn zum Beispiel der Anhörungsbogen dem „Falschen“ zugestellt wird. Ist der Anhörungsbogen adressiert an den Fahrzeughalter? Oder erhält der Halter einen Zeugenfragebogen?


Warum kommt zuerst ein Anhörungsbogen?

Wird jemandem eine Ordnungswidrigkeit vorgeworfen, muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, sich zur Sache zu äußern. Im Bußgeldverfahren geschieht das vor dem Erlass des Bußgeldbescheids durch die Zusendung des Anhörungsbogens an den mutmaßlich Betroffenen.


Was passiert, wenn ich den Anhörungsbogen nicht beantworte?

In der Regel kommt keine Strafe auf Sie zu, wenn Sie den Anhörungsbogen nicht beantworten. Grundsätzlich müssen Sie nur Angaben zur Person machen, aber nicht zur Sache (d. h. zur Tat), weil Sie sich nicht selbst belasten müssen.


Wie ermittelt die Behörde den Fahrer?

Die Fahrerermittlung erfolgt durch einen Zeugenfragebogen. Es gibt viele verschiedene Arten von Blitzern, welche eine Geschwindigkeitsüberschreitung dokumentieren. Standblitzer fotografieren das Fahrzeug und zeigen im Nachhinein auf der Abbildung das Kennzeichen sowie den Fahrer.


Ist ein Bußgeldbeschied ohne Foto gültig?

Es kann vorkommen, dass ein Autofahrer einen Bußgeldbescheid ohne Foto erhält. Doch bedeutet das nicht zwangsläufig, dass er geblitzt wurde, ohne dass ein Foto erstellt worden ist. In der Regel liegt der Behörde ein Bild in der Akte vor. Ein Bescheid ohne Foto wird dadurch also nicht ungültig.

Ein Strafzettel kommt hingegen immer ohne Foto aus, da dieser nur ausgegeben wird, wenn es sich um Park- und Halteverstöße handelt.


Wie kann ich prüfen, ob ich geblitzt wurde?

Manchmal kann man sich nicht sicher sein. Da ist es nicht verwunderlich, dass eine Frage aufkommt: Wie kann ich herausfinden, ob ich wirklich geblitzt wurde? Leider besteht diese Möglichkeit nicht und es bleibt nichts übrig, als auf den Anhörungsbogen beziehungsweise den Bußgeldbescheid zu warten.


Werden Fotos nach dem Blitzen verglichen?

Das Beweisbild – beispielsweise das Blitzerfoto – wird von der Polizei mit Lichtbildern aus dem Einwohnermeldeamt verglichen. Auch eine Internetrecherche, etwa in sozialen Medien, ist möglich. Die Polizei kann bei Ihnen zu Hause oder in der Firma erscheinen, um den Fahrer zu finden.


Hab ich bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung überhaupt eine Chance?

Geht es um eine im absoluten Maß vergleichsweise niedrige Geschwindigkeitsüberschreitung – hier von 22 km/h – ist nicht ohne weiteres und stets anzunehmen, der Fahrer habe die Übertretung anhand der äußeren Kriterien (Motorengeräusche, sonstige Fahrgeräusche, Fahrzeugvibration und Schnelligkeit der Änderung in der Umgebung) zwanglos erkannt (Beschluss OLG Zweibrücken AZ 1 OWi 2 SsRs 39/22).


Was gilt bei einem Rotlichtverstoß?

Von der Anordnung eines Fahrverbots beim Rotlichtverstoß kann abgesehen werden, wenn ein atypischer Fall vorliegt, bei dem der Erfolgsunwert verringert ist, insbesondere wenn jede konkrete Gefährdung ausgeschlossen gewesen ist oder eine Verkehrssituation vorliegt, welche die Unaufmerksamkeit des Betroffenen und seine Sorgfaltswidrigkeit im Sinne eines so genannten Augenblicksversagens in einem signifikant milderen Licht erscheinen lassen könnten (Beschluss KG Berlin, AZ 3 Ws (B) 64/22)


Fahrradfahrer und Führerscheininhaber auf Probe – Aufgepasst !

Die Fahrerlaubnisbehörde hat auch dann gegenüber einem Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StVG anzuordnen, wenn Anlass hierfür eine mit einem nicht fahrerlaubnispflichtigen – hier einem Fahrrad – begangene Verkehrsstraftat oder – Ordnungswidrigkeit ist. Denn auch das Nichtbeachten einer roten Ampel mit einem Fahrrad ist in der Regel als „schwerwiegende Zuwiderhandlung“ im Sinne der Regelungen über den Führerschein auf Probe anzusehen (vgl. VG Hannover, Beschl. v. 04.04.2001 – 5 B 1105/01 -).


Kann die Polizei meine Blitzer App orten?

Kann die Polizei bei einer Verkehrskontrolle erkennen, dass die Blitzer-App aktiv ist, müssen Autofahrer mit einem Bußgeld und 1 Punkt rechnen. Hat die Polizei dagegen nur den vagen Verdacht, dass ein Blitzerwarner verwendet wird, darf sie nicht einfach das Smartphone beschlagnahmen oder durchsuchen.


Übernimmt meine Rechtsschutzversicherung die Kosten für das Einspruchsverfahren?

Die gute Nachricht lautet: Besitzen Sie einen Verkehrsrechtsschutz, kann das Bußgeld ohne Kostenrisiko angefochten werden. Sowohl die Kosten für den Anwalt als auch für das Verfahren vor Gericht werden übernommen. Ebenso trägt die Rechtsschutzversicherung in der Regel die Kosten für eventuell nötige Gutachten von Sachverständigen.


Rechtsanwältin Laura Wilhelm Anwalt für Verkehrsrecht Kontakt