202306.13
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Was ist ein Erbschein?

Mit einem Erbschein weist ein Erbe gem. § 2353 BGB nach, dass er rechtmäßiger Erbe des Verstorbenen geworden ist. Der Erbschein ist daher keine Voraussetzung dafür, dass man Erbe geworden ist. Erbe wird man

  • durch gesetzliche Erbfolge oder
  • Testament.

Mit einem Erbschein kann man jedoch gegenüber einem Dritten nachweisen, dass man Erbe geworden ist.

Was ist ein Erbschein? – und wann brauch ich einen?

Inhalt im Überblick:



Muss man der Bank einen Erbschein vorlegen, wenn diese es verlangt?

Banken und Sparkassen hatten oft in ihren allgemeinen Geschäfts­bedingungen geregelt, dass sie das Recht haben, sich grundsätzlich einen Erbschein vorlegen zu lassen. Dieser Regelung hat der BGH in seinem Urteil vom 8.10.2013, Aktenzeichen XI ZR 401/12, jedoch einen Riegel vorgeschoben. Selbstverständlich ist ein Erbe, der über ein Konto des Erblassers verfügen will, verpflichtet, seine Erbenstellung nachzuweisen. Banken und Sparkassen dürfen dem Erben aber grundsätzlich nicht vorschreiben, wie er seine Erbenstellung nachzuweisen hat, also zum Beispiel nur durch Vorlage eines Erbscheines. Der Nachweis der Erbenstellung kann beispiels­weise auch durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift eines notariellen Testamentes und dem Eröffnungsprotokoll des Nachlass­gerichtes erfolgen. Gibt es lediglich ein handschriftliches Testament, und verlangt die Bank einen Erbschein mit der Begründung, dass handschriftliche Testamente immer gefälscht sein können, kann die Bank nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 05.04.2016, Aktenzeichen XI ZR 440/15) sogar zum Ersatz der Kosten eines unnötigen Erb­schein­verfahrens verpflichtet sein.

Wenn jedoch die Erbenstellung zweifelhaft ist, darf die Bank die Vorlage eines Erbscheines verlangen.

Wozu ist ein Erbschein noch erforderlich?

Befinden sich Grundstücke im Nachlass, so wird das Grundbuch durch den Todesfall unrichtig, § 894 BGB, da der im Grundbuch eingetragene Eigentümer nicht mehr lebt, und der neue Eigentümer, der den Erblasser beerbt hat, noch nicht im Grundbuch steht. Der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuches ist ohne Testament, also bei sogenannter gesetzlicher Erbfolge, jedoch nur durch Vorlage eines Erbscheines nachzuweisen. Hierbei muss der Erbschein im Original oder in einer Ausfertigung vorgelegt werden; eine beglaubigte Abschrift genügt hierbei nicht. Befinden sich jedoch Grundbuchamt und Nachlassgericht beim gleichen Amtsgericht, so ist die Vorlage einer Ausfertigung des Erbscheines nicht erforderlich. Das Grundbuchamt darf im Rahmen des Antrages auf Berichtigung des Grundbuches auf den in den Nachlassakten befindlichen Erbschein verwiesen werden.

Es gibt darüber hinaus noch andere Institute, gegenüber denen die Vorlage eines Erbscheins erforderlich ist, beispielsweise Versiche­rungs­­gesellschaften im Zusammenhang mit einer Lebensversicherung.


Wie bekomme ich einen Erbschein?

Ein Erbschein wird nur auf Antrag erteilt. Der Antrag ist beim zuständigen Gericht zu stellen.

Welches Gericht ist für die Erteilung des Erbscheins zuständig?

Zuständig für den Antrag auf Erteilung eines Erbscheines ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.


Wer kann einen Erbschein beantragen?

Antragsberechtigt ist beispielsweise

  1. der endgültige Erbe, also erst nach Annahme der Erbschaft.
  2. Als Pflichtteilsberechtigter bekommt man keinen Erbschein, da man ja eben kein Erbe ist.
  3. Gibt es mehrere Erben, ist jeder Miterbe für sich berechtigt, einen Erbschein zu beantragen. Bei einem sogenannten gemeinschaftlichen Erbschein bekommt der jeweilige Miterbe nicht einen nur auf ihn lautenden Erbschein ausgestellt, sondern es wird ein Erbschein erteilt, in dem alle Miterben mit ihrer jeweiligen Erbquote aufgeführt sind.
  4. Ist ein minder­jähriges Kind Erbe, ist der Antrag von den sorgeberechtigten Eltern zu stellen.

In welcher Form muss der Erbschein beantragt werden?

Der Erbscheinsantrag kann durch den Erben selbst, auch vertreten durch einen Rechtsanwalt, bei der Geschäftsstelle des zuständigen Nachlassgerichtes zu Protokoll gestellt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, den Antrag bei einem Notar aufnehmen und beurkunden zu lassen. In beiden Fällen müssen grundsätzlich die gesetzlich erforderlichen Angaben im Erbscheinsantrag durch eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers als richtig versichert werden.


Kann man nach Beantragung des Erbscheins noch das Erbe ausschlagen, wenn man es sich anders überlegt hat?

Sobald man den Erbscheinsantrag gestellt hat, hat man seinen Willen kundgetan, das Erbe antreten zu wollen. Somit gilt die Erbschaft mit dem Erbscheinsantrag als angenommen. Eine Ausschlagung der Erbschaft ist dann nicht mehr möglich.


Was kostet ein Erbschein?

Das Nachlassgericht stellt für die Erteilung des Erbscheines Kosten in Rechnung. Deren Höhe richtet sich nach dem Wert des Nachlasses. Hatte der Erblasser Immobilien, so ist auch deren Wert bei der Höhe des Nachlasses mit einzubeziehen. Maßgeblich hierbei ist der Verkehrswert der Immobilie am Todestag. Wenn der Erblasser Schulden hatte, sind diese bei der Ermittlung des Nachlasswertes vorab vom Nachlasswert in Abzug zu bringen, was den Nachlasswert und damit auch die Gebühren wiederum mindert.

Die Kosten für den Erbscheinsantrag trägt derjenige, der den Antrag gestellt hat. Wenn der Antrag durch eine Erbengemeinschaft gestellt wurde, werden die Kosten auf die Miterben entsprechend ihrer Erbquote aufgeteilt, wenn alle Miterben vorab mit der Stellung des Erbscheinsantrages einverstanden waren.


Wie lange dauert das Erbscheinverfahren?

In der Regel dauert ein Erbscheinverfahren wenige Monate. Wenn es jedoch Streitigkeiten gibt, muss ein Gericht darüber entscheiden, ob der Erbschein entsprechend dem Erbscheinsantrag erteilt werden kann. In diesem Fall kann es dann lange, mitunter einige Jahre dauern, bis ein Erbschein erteilt wird.

Streitigkeiten kann es zum Beispiel dann geben,

  • wenn es mehrere unterschiedliche Testamente gibt,
  • Zweifel an der Echtheit des Testamentes bestehen
  • oder aber unklar ist, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung überhaupt in der Lage war, ein Testament zu erstellen (sogenannte Testierfähigkeit).


Wie lange gilt ein Erbschein?

Ein Erbschein gilt solange, bis er eventuell von einem Gericht wieder eingezogen und durch einen anderen Erbschein ersetzt wurde. Da sich ein Dritter bei Rechtsgeschäften mit der im Erbschein genannten Person darauf verlassen können muss, dass die dort genannte Person auch tatsächlich Erbe ist, unterliegt der Erbschein dem sogenannten öffentlichen Glauben. Es wird daher grundsätzlich unterstellt, dass der Erbschein richtig ist und die im Erbschein genannte Person auch tatsächlich Erbe ist. Wenn sich jedoch im Nachhinein herausstellt, dass die dort genannte Person tatsächlich kein Erbe ist, muss der Erbschein aus Gründen des Schutzes der Öffentlichkeit wieder eingezogen werden und ein neuer Erbschein mit der tatsächlichen Rechtslage erteilt werden. Dies kann auch erst viele Jahre später der Fall sein, zum Beispiel, wenn nach Erteilung des Erbscheines ein Testament gefunden wird, in dem andere Personen als die im vorigen Testament genannten als Erben bedacht wurden.


Bei alle Fragen rund um das Thema Erbschein kann Ihnen unsere auf Erbrecht versierte Rechtsanwältin Tanja Ringeisen, behilflich sein.


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