201904.26
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BU Versicherung und Verjährung

Der Gesamtanspruch (das Stammrecht), der dem Versicherungsnehmer einer selbstständigen oder als Zusatzversicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem Versicherungsfall zusteht, unterliegt auch nach der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 der Verjährung. So der Leitsatz der kürzlich ergangenen BGH Entscheidung vom 4. Zivilsenat, IV ZR 90/18. Klingt zunähst nicht außergewöhnlich, ist jedoch alles andere als selbstverständlich.

Ab und an kommt es vor, dass ein Versicherungsnehmer den Versicherungsfall seinem Berufsunfähigkeitsversicherer meldet, wegen dem großen Aufwand den Anspruch aber dann nicht weiterverfolgt. Gerade wenn beispielsweise eine Leistungsablehnung eingeht. Ebenso oft kommt es vor, dass der. Versicherungsnehmer dann nach einer gewissen Zeit doch wieder sein Glück versunken will.

Jetzt hat die Berufsunfähigkeitsversicherung die Besonderheit, dass einmalig ein Versicherungsfall eintritt und damit für die Zukunft Renten zu zahlen sind – bis zum Ende des vereinbarten Zeitraums.

Wurde die Fälligkeit des Anspruchs ausgelöst (etwa durch die endgültige Ablehnung des Versicherers), beginnt die Verjährungsfrist des § 195 BGB (drei Jahre) zu laufen, und es stellt sich die Frage, was genau verjährt: der gesamte Anspruch aus dem Versicherungsfall oder „abschnittsweise“ die sukzessiv zu erbringenden Leistungen?

Das OLG Jena (Urt. v. 29.03.2018 – 4 U 392/17 – VersR 2018, 723) hat in der vorangehenden Entscheidung vertreten, dass die abschnittsweise zu erbringenden Leistungen jeweils für sich verjähren. Nach der ganz herrschenden Meinung galt, dass nach Fälligkeit des Anspruchs das sog. „Stammrecht“, d.h. der Anspruch als Ganzes verjährt.

Der Senat hält die bisherige Rechtsprechung aufrecht und nimmt auf die diesbezügliche Rechtsprechung und Literatur Bezug. Zur Berufsunfähigkeitsversicherung wurde das Bestehen eines Stammrechts mit den Senatsurteilen vom 02.11.2005 (IV ZR 15/05 Rn. 14 – RuS 2006, 205), vom 25.01.1978 (IV ZR 122/76 Rn. 15 – VersR 1978, 313) und vom 05.10.1988 (IVa ZR 317/86 Rn. 17 – VersR 1988, 1233) anerkannt und der Verjährung nach § 12 Abs. 1 bzw. Abs. 3 VVG a.F. unterworfen. So wird ausgeführt, dass der Versicherungsfall „gedehnt“ ist, d.h. nicht schrittweise eintritt, sondern durch die Fortdauer des bereits mit seinem Eintritt geschaffenen Zustandes bestimmt wird (BGH, Urt. v. 09.05.2012 – IV ZR 19/11 Rn. 37 – VersR 2013, 1042).

Es handelt sich damit um eine auf Dauer angelegte Rechtsposition des Versicherungsnehmers, die durch die prozessualen Vorgaben der §§ 173 und 174 VVG (Erklärung in Textform nach einem Leistungsantrag, Lösungsrecht des Versicherers nur unter besonderen Voraussetzungen, Ausschluss von Abweichungen zum Nachteil des Versicherungsnehmers durch § 175 VVG) verfestigt wird. Der so ausgestaltete Gesamtanspruch unterliegt unabhängig von der Art der Leistungen der Verjährung und ist Grundlage der Verpflichtung des Versicherers, wiederkehrende Einzelleistungen zu erbringen; in diesem Sinne folgen die Ansprüche auf Einzelleistungen aus dem Stammrecht, weshalb der Versicherer nach Eintritt der Verjährung des Stammrechts berechtigt ist, Einzelleistungen zu verweigern.

Auch diese Entscheidung zeigt wieder: Berufsunfähigkeitsversicherung nur mit dem richtigen Anwalt!