202004.06
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Corona-Virus und Arbeitsrecht

Die Fragen an unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht zum Coronavirus, bzw. dessen Auswirkungen im Arbeitsverhältnis häufen immer weiter. Viele Fragen sind ungeklärt, es herrscht große Unsicherheit. Hintergrund ist, dass viele Szenarien denkbar sind:

1. Was ist, wenn ein Arbeitnehmer an Corona erkrankt ist?

Hierbei handelt es sich um einen ganz normalen Fall der Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber und nach 6 Wochen auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse. Dasselbe muss nach unserer Einschätzung gelten, wenn durch einen Arzt wegen des Verdachts der Infektion eine Quarantäne angeordnet worden ist.

2. Was ist, wenn ein Familienmitglied des Arbeitnehmers an Corona erkrankt ist?

Hier gilt im Ergebnis dasselbe wie zuvor gesagt. Wenn ein Arzt die Quarantäne der Familienmitglieder wegen des Verdachts der Infektion anordnet, so liegt ein Fall der medizinischen Arbeitsunfähigkeit vor. Auch hier muss das Entgeltfortzahlungsgesetz greifen.

3. Was ist, wenn aufgrund von Infektionen und/oder Quarantäne so viele Arbeitnehmer erkrankt sind, dass der Betrieb nicht fortgeführt werden kann?

Viele Arbeitgeber setzen hier auf das sogenannte Home Office. Abgesehen davon, dass die Einrichtung nicht von „heute auf morgen“ funktioniert, müssen eine Reihe von Vorschriften beachtet werden.
Auch ein Heimarbeitsplatz ist ein Arbeitsplatz, der sämtlichen Arbeitsschutzvorschriften unterliegt. Auch dort ist der Arbeitnehmer über die Berufsgenossenschaft gesetzlich unfallversichert. Eine Arbeit auf dem Sofa am Laptop erfüllt diese Voraussetzungen sicherlich nicht. Der Arbeitsplatz muss so geschaffen sein, dass Arbeitsunfälle ausgeschlossen sind. Dies geht weiter über die Ergonomie des Arbeitsplatzes bis hin zur Beleuchtung desselben.
Weiter muss der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass alle Datenschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Es muss verhindert werden, dass Familienmitglieder Zugriff auf den Arbeitsplatz haben. Bereits das „über die Schulter schauen“ von unbefugten Personen kann hier Rechtsverletzungen auslösen.

3a. was ist, wenn aufgrund von Quarantänevorschriften die Betreuung von Kindern nicht mehr gesichert ist?

Grundsätzlich besteht auch bei einer vorübergehenden Verhinderung ohne Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Die Vorschrift des § 616 BGB sieht dies vor. Diese kann in Arbeitsverträgen aber ausgeschlossen worden sein. Wir haben Zweifel, ob in den aktuellen Fällen diese Vorschrift Anwendung findet. Denn es handelt sich um eine langandauernde und nicht nur vorübergehende Verhinderung. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer durchaus seine Arbeitsleistung erbringen kann und der Arbeitgeber auch annehmen würde. Kommt der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung hier nicht nach, besteht kein Anspruch auf Zahlung des Lohnes.wenn das Kind tatsächlich erkrankt ist, haben die Eltern allerdings die Möglichkeit,sich nach § 45 SGB V ebenfalls krankschreiben zu lassen, soweit die Betreuung des Kindes dies erfordert. Hier würde wiederum der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entstehen.
gerade in diesem Fall halten wir eine Rücksprache und Regelung mit dem Arbeitgeber für dringend erforderlich!

4. Kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Grundsätzlich muss Kurzarbeit im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag angeordnet sein. Ist dies nicht der Fall, kann es der Arbeitgeber sehr schwer haben.im Zweifel muss er die Differenz zwischen dem Kurzarbeitergeld der Agentur für Arbeit und dem normalerweise zu zahlenden Lohn auch noch drauflegen. Die Einzelheiten, welche es dem Arbeitgeber ermöglichen, Kurzarbeit anzuordnen und Kurzarbeitergeld für seine Arbeitnehmer zu beantragen, ergeben sich aus den Hinweisblättern der Bundesagentur für Arbeit auf deren Homepage. Unsere Fachanwälte für Arbeitsrechtraten hier dringend dazu, alle gesetzlichen Voraussetzungen einzuhalten und nicht „erfinderisch“ zu werden. Im Falle einer Betriebsprüfung durch die Sozialversicherungsträger droht die Aufdeckung von Verstößen. Hier kann nicht nur die Rückforderung von Sozialleistungen die Folge sein; im Ergebnis handelt es sich bei der Beantragung nicht gerechtfertigter Leistungen auch um Sozialleistungsbetrug.

5. Kann ich staatliche Förderungen erhalten?

Nach unserer Kenntnis sind diese Möglichkeiten durch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union grundsätzlich beschlossen worden. In Pressemitteilungen ist von einem Budget in Höhe von 28 Milliarden € die Rede. Wie die Gelder verteilt werden und unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist uns bisher nicht bekannt.