202306.20
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Die Ehewohnung bei Trennung und Scheidung

Wenn die Ehe in die Brüche geht, ist ein Zusammenwohnen in der Ehewohnung oft nicht mehr möglich. Doch wer bleibt darin wohnen?….. und wer muss ausziehen?….was gibt es hier zu regeln?

Inhalt im Überblick:




Begriff der Ehewohnung

Der Begriff der Ehewohnung ist in den Zuweisungsvorschriften § 1361 b BGB und § 1568 a BGB identisch verwandt und nach allgemeiner Meinung weit auszulegen. Erfasst werden alle Räume, die die Ehegatten zum Wohnen benutzen oder gemeinsam bewohnt haben oder die dafür nach den Umständen bestimmt waren. Zur Wohnung gehören auch die Nebenräume (Boden, Keller, Abstellraum, Garage etc.) und der Garten. Nicht hierzu zählen ausschließlich gewerblich oder beruflich genutzte Räume oder eine untervermietete Einliegerwohnung.


Gibt es einen Unterschied zwischen Immobilieneigentum und einer Mietwohnung?

Nicht, was den Begriff der Ehewohnung angeht. Allerdings sind in einem bestehenden Mietverhältnis die mietvertraglichen Regelungen zu beachten, während im gemeinsam genutzten Immobilieneigentum andere Nutzungsregelungen gelten.


Mietvertrag über eine Ehewohnung – was ist zu beachten?

Stehen die Ehegatten gemeinsam im Mietvertrag, so kann nicht einer der Ehegatten den Mietvertrag alleine wirksam kündigen. Die Kündigung muss vielmehr gegenüber dem Vermieter gemeinsam durch die Ehegatten ausgesprochen bzw. unterzeichnet werden. Alternativ kann ein Vertrag geschaffen werden, in dem der Vermieter den einen Ehegatten aus dem Mietvertrag entlässt und diesen mit dem anderen Ehegatten als alleinigem Mieter fortführt.


Was ist mit den Mietzahlungen?

Hierfür haften die Ehegatten als Gesamtschuldner, d.h. während der laufenden Mietzeit müssen beide die Miete zahlen. Zahlt nur einer der Ehegatten die Miete weiter, so hat er einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Ehegatten. Zahlt keiner der Ehegatten, kann der Vermieter die Zahlungsansprüche alternativ gegen jeden der Ehegatten durchsetzen.


Anspruch auf vorläufige Überlassung der Ehewohnung

Nach § 1361 b BGB kann ein Ehegatte von dem anderen verlangen, dass ihm der andere, die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen „Nutzungs“anspruch, in bestehende Eigentumsverhältnisse kann durch ein solches Verfahren oder einen richterlichen Beschluss nicht eingegriffen werden. Die Anforderungen an diesen Überlassungsanspruch sind relativ hoch, „normale“ Streitigkeiten zwischen den Ehegatten reichen nicht aus. Ein Ehegatte müsste z.B. darlegen, dass er mit den gemeinsamen Kindern keinen anderen Wohnraum findet, der Anspruch ist begründet, wenn Tätlichkeiten begangen wurden etc. Bei der Begründung des Anspruchs kommt es immer auch noch darauf an, ob die Ehegatten gemeinsame Eigentümer der Wohnung sind oder ein Ehegatte Alleineigentümer ist.  Das Recht, die Ehewohnung vorläufig alleine nutzen zu dürfen, ist auch zeitlich begrenzt. Die Ehegatten müssen also egal wie nach einiger Zeit doch eine Lösung finden, gemeinsames Eigentum aufzulösen.


Auseinandersetzung der Ehewohnung: Verkauf oder Übertragung?

In der Regel stehen beide Ehegatten im Grundbuch und sind somit gemeinschaftliche Eigentümer einer Immobilie. In der Regel bestehen auch noch laufende Darlehensverpflichtungen, für die die Ehegatten als Gesamtschuldner haften, wenn beide den Darlehensvertrag unterschrieben haben. In solchen Fällen können die Ehegatten

  • entweder einen freihändigen Verkauf anstreben. Mit dem Verkaufserlös werden dann die gemeinsamen Schulden getilgt und ein etwaiger Überschuss geteilt.

  • Alternativ kann einer der Ehegatten die Immobilie übernehmen und muss somit dem anderen Ehegatten einen hälftigen Wert (nach Abzug aller Verbindlichkeiten) auszahlen. Hier scheitert es manchmal an Finanzierungsmöglichkeiten des einkommensschwächeren Ehegatten. In diesen Fällen müssen Gespräche mit der Bank geführt werden. Es ist eine reine Kulanzentscheidung der Bank, ob sie den einen Ehegatten aus dem Darlehensvertrag entlässt und das Darlehen mit dem anderen weiterführt , hierzu wird die Bank in der Regel eine Liquiditätsbetrachtung anstellen.

  • Als letzte Option bleibt die Teilungsversteigerung


Wann ist eine Teilungsversteigerung möglich?

Wenn sich zwei Ehegatten nicht über die Verwertung oder Übertragung der Immobilie einigen können, so kann ein Ehegatte im Laufe des Scheidungsverfahrens, spätestens danach, Antrag auf Teilungsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht stellen und so die Verwertung erzwingen. Die Immobilie wird dann in einer öffentlichen Versteigerung versteigert, nur so kann Immobilieneigentum letztendlich auseinander gesetzt werden. Dies ist in der Regel die wirtschaftlich schlechteste Möglichkeit, weil dadurch weitere Kosten entstehen, die vom Versteigerungserlös vorrangig abgezogen werden müssen.


Hat der ausgezogene Ehegatte immer noch ein Zutrittsrecht zur Ehewohnung?

Über solche Zutrittsrechte gibt es immer wieder Streit. Der Ehegatte, der (freiwillig) ausgezogen ist, verlangt danach Zutritt zur Ehewohnung.

  • Das Oberlandesgericht Bremen hat in einer Entscheidung vom 22.8.2017, Aktenzeichen 5 WF 62/17 entschieden, dass kein Recht auf Zutritt ohne besonderen Grund besteht, wenn ein Ehegatte das im Miteigentum stehende Hausgrundstück endgültig verlassen hat. In diesem Fall waren schon sechs Monate seit dem Auszug des Ehegatten vergangen.

  • Auch das Landgericht Saarbrücken hat in einer Entscheidung vom 1.4.2004, Aktenzeichen 2 S 227/03 darauf hingewiesen, dass ein uneingeschränktes Zutrittsrecht nach verfestigtem Auszug die Privatsphäre des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten verletzen würde.

Besondere Gründe und das Recht zur Besichtigung und Betretung könnten allerdings sein, wenn schwerwiegende Schäden an der Immobilie aufgetreten sind (zum Beispiel Wasserschaden), der die Einholung von Gutachten oder die Beauftragung von Handwerkern zur Folge hätte. Hier müssten dann Termine zwischen den Ehegatten abgestimmt werden.


Wer muss wem Nutzungsvergütung gemäß § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB zahlen?

Gemäß § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB kann der eine Ehegatte von dem anderen nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung der Ehewohnung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Die Nutzungsvergütung soll den Verlust des Mitbesitzes an der Wohnung und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile im Einzelfall nach Billigkeit kompensieren (so z.B. BGH in FamRZ 2017, 693).

Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem Gesetzeswortlaut nach der „Billigkeit“. Unmittelbar nach der Trennung bis zur Rechtshängigkeit der Scheidung ist aber mit Rücksicht auf die fortbestehende Ehe in der Regel nur ein gekürzter Nutzungswert in Form des sogenannten subjektiven Mietwerts anzusetzen (so z.B. OLG Hamm in FamRZ 2016, 1082). Maßgeblich ist dann für die Nutzungsvergütung die ersparte Miete für eine angemessene, den bisherigen Lebensstandard entsprechende Wohnung.


Bei Unklarheiten rund um die Ehewohnung stehen Ihnen unsere Fachanwälte für Familienrecht Dieter Kundler und Sabine Klein gerne zur Verfügung.


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