201906.01
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21, 22, Rotlichtverstoß

Das überfahren einer roten Ampel kann teuer werden.

Grundsätzlich führt das Überfahren einer roten Ampel bereits zu einer Geldbuße von 90 €, sowie der Eintragung eines Punktes in das Fahreignungsregister. Ist die Ampel länger als 1 Sekunde rot, so drohen empfindlichere Strafen, insbesondere aber ein Fahrverbot von einem Monat. Da ist vielen Autofahrern die Höhe der Geldbuße inzwischen egal. Wird der Verkehrsteilnehmer mit einer automatischen Verkehrsüberwachungsanlage geblitzt, ist eine Verteidigung oftmals schwierig, da konkrete Daten vorliegen, die den Schuldvorwurf erhärten.

Anders sieht es aus, wenn ein Polizeibeamter den Verstoß bemerkt haben will. Hier stellt sich oft die Frage, ob und wie der Beamte festgestellt haben möchte, dass die Ampel länger als 1 Sekunde Rotlicht gezeigt haben soll. Das Mitzählen nach der allgemeinen Regel „21-22“ ist in eindeutigen Fällen sicherlich ausreichend.

Wenn aber ein Grenzfall vorliegt, muss ein Richter im Zweifel ganz genau feststellen, wie der Polizeibeamte zu seiner Annahme gekommen ist. Einen solchen Fall hat das Amtsgericht Dortmund in seinem Urteil vom 8. Oktober 2018 zu verhandeln gehabt. Der Täter wurde von Polizeibeamten, die etwa 30 m von ihm entfernt waren. Im Rahmen der Hauptverhandlung wurde einer der Beamten als Zeuge vernommen. Dieser konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, wie die Tat von statten gegangen sein soll. Er berief sich auf seine schriftliche Aufzeichnung, welche dem Täter die Missachtung des Rotlichtes über 1 Sekunde vorgeworfen hat.

Im Rahmen der Hauptverhandlung muss der Verteidiger (aber auch der Betroffene) oft leidvoll erfahren, dass es die Richter ausreichen lassen, wenn der Beamte bestätigt, dass er damals seine Feststellungen schriftlich festgehalten hat. Eine Erinnerung an den konkreten Vorfall wird von dem Zeugen gar nicht mehr erwartet.

Dem hat das Amtsgericht jetzt einen Riegel vorgeschoben. Kann sich der Polizeibeamte an einen vom Betroffenen eingeräumten Rotlichtverstoß nicht wirklich erinnern und findet sich in der Akte keine weitere Schilderung des Vorfalles durch den Polizeibeamten, so kann die 1 Sekunden Zeit für einen sogenannten qualifizierten Rotlichtverstoß nicht alleine daraus entnommen werden, dass in der Vorwurfsschilderung für deren Richtigkeit der Zeuge die Verantwortung übernimmt, indem er diese unterschrieben hat.

Dementsprechend war der Betroffene im hier zitierten Fall nur wegen eines einfachen Rotlichtverstoßes zu verurteilen. Er konnte seine Fahrerlaubnis behalten.