202006.27
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Links blinken, rechts abbiegen…

Folgende Konstellation: an einer Kreuzung fährt der Wartepflichtige los, weil der Vorfahrtsberechtigte den Fahrtrichtungsanzeiger (Blinker) gesetzt hatte. Kommt es zum Rechtsstreit, stellt sich hier immer die Frage, der Wartepflichtige darauf verlassen durfte, dass der andere Fahrer auch tatsächlich abbiegen werde.

Bei einem Verkehrsunfall werden die Haftungsanteile nach dem Grad der Schwere des jeweiligen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften ermittelt. Klar ist, dass ein Vorfahrtsverstoß einen erheblichen Verursachungsanteil an einem Verkehrsunfall begründet. Wie ist aber das irreführende Blinken des anderen Fahrers zu bewerten?

Die herrschende Rechtsprechung lautet wie folgt: derjenige, welcher wartepflichtig ist, muss 2 Dinge beweisen: einerseits dass der sich nähernde Fahrer den Blinker über längere Zeit gesetzt hatte; andererseits muss ein Vertrauenstatbestand geweckt worden sein. D. h. unabhängig vom Blinken muss der Wartepflichtige davon ausgehen dürfen, dass auch ein Abbiegevorgang eingeleitet wird.

Dies funktioniert in der Regel nur, wenn eine deutliche Verlangsamung der Geschwindigkeit vorliegt und andere Umstände dafür sprechen, dass es sich nicht nur um ein irrtümliches Blinken handelt.