201911.28
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Hilfe, mein Auto rollt

Wer sich in Sandalen einem bergab rollenden PKW entgegenstellt, obwohl nur ein geringer Sachschaden zu befürchten ist und dabei Verletzungen erleidet, ist größtenteils selbst schuld. Das stellte das OLG Köln am 5.7.19, 6 U 234/18, fest. Was relativ lustig klingt, hat tatsächlich einen ernsten Hintergrund. Der Kläger und seine Lebensgefährtin waren an ihrem gemeinsamen Haus angekommen und die Lebensgefährtin des Klägers stellte das Fahrzeug in der Einfahrt ab. Die Einfahrt war abschüssig zur Straße hin.

Beim Aussteigen befanden sich der Kläger und seine Lebensgefährtin in einem Gespräch, das scheinbar zu Unachtsamkeit führte. Denn plötzlich begann der BMW Mini die Einfahrt herunterzurollen. Der Kläger versuchte vermeintlich Schlimmeres zu verhindern und stellte sich dem Fahrzeug mit voller Manneskraft entgegen. Er wollte das Fahrzeug durch Drücken mit seinen Händen gegen das Heck am Weiterrollen hindern. Das Fahrzeuggewicht überwog jedoch deutlich. Der Kläger wurde niedergedrückt, kam zu Fall, wurde überrollt und noch eine gewisse Strecke mitgeschleift. Hierbei erlitt er heftige Verletzungen, musste sogar reanimiert werden.

Vom Kfz-Haftpflichtversicherer des Minis verlangte er nun Schadenersatz und Schmerzensgeld in nicht unbeachtlicher Höhe. Das LG Köln hat eine Haftung des Versicherers in Höhe von 30 % anerkannt, ging also von einem erheblichen Mitverschulden des Klägers aus. Beide Parteien haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das OLG Köln hat das erstinstanzliche Urteil in seiner Entscheidung vom 5.7.19, 6 U 234/18 jedoch bestätigt.

Der Urteilsbegründung ist zu entnehmen, dass die Lebensgefährtin die Verletzungen des Klägers zwar zurechenbar dadurch verursacht hat, dass sie den PKW abgestellt, aber nicht hinreichend gegen ein Wegrollen gesichert habe. Der Kläger müsse sich jedoch ein Mitverschulden entgegenhalten lassen. Dieses sei zu Recht mit 70 Prozent bewertet worden.

Aufgrund der Masse des Pkws, der Tatsache, dass sich dieser selbstständig in Bewegung gesetzt hatte, und der Kenntnis des größer werdenden Gefälles habe sich für den Kläger aufdrängen müssen, dass ein Aufhalten des Pkw durch ein Dagegenstemmen von hinten ausgeschlossen war. Interessant aus rechtlicher Sicht ist hierbei, dass der Anspruch des Klägers nicht auf die Vorschriften der §§ 7, 18 StVG gründete, sondern der Ausschluss gem. § 8 Nr. 2 StVG zur Anwendung brachte da sich der Kläger den Triebkräften des Fahrzeugs bewusst ausgesetzt hat. Immer wenn ein Mitverschulden in Betracht kommt, ist es wichtig stichhaltige Argumente zu finden, die dieses geringer ausfallen lassen. Hier hilft die Erfahrung von Verkehrsrecht- und Versicherungsrecht-Experten in jedem Fall weiter.